Wie man zu Orchideensamen kommt
Bevor man mit der Aussaat von Orchideen beginnen kann, muß man noch das Problem der Samenbeschaffung lösen. Da Orchideensamen kaum im Handel erhältlich sind, kommt man um die Bestäubung der eigenen Pflanzen kaum vorbei. Beim Bestäuben sollte man immer kräftige Pflanzen verwenden. Um eine Samenbildung bei einer Orchideen zu induzieren, muß der Pollen (Pollinien) einer Blüte auf die Narbe einer anderen übertragen werden. Die Erfolgschancen sind am größten wenn der Pollen nicht von der Pflanze stammt auf die dieser Pollen aufgebracht wird. Bei manchen Orchideen kommt es vor, dass sie beim eigenen Pollen keine Samenkapseln oder nur keimunfähige Samen bilden. Welche Art der Bestäubung für die eigene Pflanze am besten ist, kann man leider nur durch Experimentieren feststellen. Bei uns hat beispielsweise eine Cleisostoma arietinum bei jeder bestäubten Blüte eine Kapsel angesetzt dafür will eine Diocentrum überhaupt keine Samenkapseln bilden. Mit etwas Probieren und Geduld kann man aber schon bald die erste Kapseln erhalten.Um eine Bestäubung erfolgreich durchführen zu können, sollte man aber zuvor den "Bauplan" der Blüte kennen.
Hier einige Beispiele:
In unserer dreidimensionalen Simulation einer Frauenschuhblüte kann man die Blüte von allen Seite betrachten und zerlegen.
Unsere Technik der Bestäubung
Als Werkzeug haben sich bis jetzt Holzzahnstocher ganz gut bewährt. Am besten eignen sich voll ausgereifte Blüten (ca. 3-4 Tage nach dem Aufblühen). Mit dem Ende des Zahnstochers streift man am klebrigen Plättchen des Pollen vorbei. Dieses Plättchen bleibt am Zahnstocher haften und mit dem Herausziehen des Zahnstocher werden die Pollenpakete (Pollinien) aus der Kappe gezogen. Es kann vorkommen, dass die Kappe auf den Pollen haften bleibt. Ist das der Fall, sollte diese vor dem Aufbringen auf die Narbe mit einer Pinzette entfernt werden.
Genauso verfährt man mit einer zweiten Blüte. Im nächsten Schritt bringt man den Pollen der einen Blüte auf die Narbe der anderen Blüte und umgekehrt. Hat man keine zweite Pflanze, dann kann man den Pollen auch auf die Narbe der selben Blüte bringen (die Erfolgschancen sind dann allerdings etwas geringer). Lösen sich die Pollen nicht vom Zahnstocher, kann man mit einer Pinzette etwas nachhelfen. Wichtig ist nur, dass die Pollen in der Nähe des Narbenkanals zu liegen kommen. Zuletzt ist es ratsam jede Blüte mit einem Schildchen zu versehen, auf dem man das Datum der Pollenübertragung und bei Kreuzungen den Namen der zweiten Pflanze vermerkt um spätere Unklarheiten zu vermeiden.
Allgemein angewandte Regeln beim Beschriften
Um zu einem späteren Zeitpunkt feststellen zu können wer die Eltern der vorliegenden Pflanze waren, gibt es ein paar einfach Regeln mit denen man jederzeit herausfinden kann wer die Eltern waren. Mit den folgenden Bespielen wollen wir ein wenig Licht in die Abkürzungen bringen.
Bezeichnung: Cattleya forbesii
Bei dieser Bestäubung wurde der Pollen von zwei Cattleya forbesii, die unterschiedliche Eltern haben (unterschiedliches Erbgut), gegenseitig ausgetauscht (Pollen von Pflanze A auf Narbe von Pflanze B und umgekehrt).
Bezeichnung: Cattleya forbesii x self
Befinden sich beide Blüten an ein und der selben Pflanze, spricht man von einer Selbstbestäubung oder Selbstung. Auch beim Pollentausch zweier Pflanzen, die durch Teilung oder Meristemkultur vermehrt wurden, handelt es sich um eine Selbstbestäubung, weil beide Pflanzen das selbe Erbgut haben.
Bezeichnung: Cattleya forbesii x sib
"x sib" steht für sibling, was bedeutet, dass die Nachkommen der gleichen Eltern miteinander gekreuzt wurden. Es wurden aus einer Samenkapsel Pflanzen herangezogen und diese untereinander gekreuzt.
Bezeichnung: Cattleya forbesii x rex
Hier wurde eine Cattleya forbesii mit dem Pollen einer Cattleya rex bestäubt.
Bezeichnung: Cattleya forbesii x Laelia crispa
Hier wurde eine Cattleya forbesii mit dem Pollen einer Laelia crispa bestäubt.
Von der Pollenübertragung bis zur reifen Samenkapsel
Werden die Pollen (Pollinien) auf die Narbe übertragen, beginnen die Pollenschläuche durch den Narbenkanal in den Fruchtknoten zu wachsen. Sobald die Schläuche im Fruchtknoten angelangt sind, fängt die Verschmelzung der Pollenkerne mit den Kernen der "Eizellen" im Fruchtknoten an. Erst mit dem Verschmelzen beginnt die eigentliche Entwicklung der Samen. Man kann bei frisch bestäubten Blüten beobachten, dass der Fruchtknoten binnen ein paar Tagen anschwillt und die Blütenblätter eintrocknen, aber das ist noch kein Zeichen, dass auch schon die Befruchtung stattgefunden hat. In der untenstehenden Tabelle ist die Dauer bis zur wirklichen Befruchtung (Verschmelzung) bei einigen Orchideen angeführt.
Oncidium ampliatum | 45 - 50 Tage |
Cattleya bowringiana | 60 - 65 Tage |
Dendrobium nobile | 75 - 80 Tage |
Encyclia cordigera | 120 - 150 Tage |
Ernten der reifen Samenkapsel
Die Samen in der Kapsel sind nach etwa 3/4 der Reifedauer voll entwickelt. Die restliche Zeit benötigt die Kapsel zum Eintrocknen und Freigeben der Samen. Je nach Aussaatmethode ist die Kapsel zu unterschiedlichen Zeitpunkten zu ernten. Für die asymbiotische Aussaat unter sterilen Bedingungen (in vitro) eignen sich grüne Samenkapseln sehr gut, weil man sich dadurch das Desinfizieren der Samen erspart (man muss nur die Kapseloberfläche sterilisieren). Für diese Aussaattechnik muss die Samenkapsel nach etwa 3/4 der Reifedauer geerntet werden. Wichtig ist hierbei, dass die Samenkapsel keine Öffnungen hat, weil sonst Pilzsporen usw. in die Kapsel eindringen können.
Acampe | 16 1/2 Monate |
Angreacum | 5 1/2 Monate |
Bifrenaria | 8 Monate |
Bulbophyllum | 3 Monate |
Calanthe | 4 Monate |
Calyptrochilum | 8 Monate |
Cattleya | 11 Monate |
Coelogyne | 13 Monate |
Cymbidium | 10 Monate |
Cyrtorchis | 7 Monate |
Dendrobium | 12 Monate |
Dendrobium nobile | 6 1/2 Monate |
Dendrobium phalaenopsis Hybriden | 5 Monate |
Dendrobium pierardii | 14 Monate |
Disa uniflora | 6 - 7 Wochen |
Doritis | 7 1/2 Monate |
Epidendrum | 3 1/2 Monate |
Googyera | 1 Monate |
Laelia | 9 Monate |
Laelia brysiana | ca. 5 Monate |
Laelia furfuracea | 3 Monate |
Maniella | 1 Monate |
Masdevallia | ca. 4 Monate |
Maxillaria | 10 Monate |
Miltonia | 9 Monate |
Odontoglossum | 7 Monate |
Odontoglossum cordatum | 5 - 6 Monate |
Paphiopedilum | 10 Monate |
Paphiopedilum lowii | 4 Monate |
Paphiopedilum parishii | 5 Monate |
Phalaenopsis | 6 Monate |
Phalaenopsis farbige | mind. 8 Monate |
Phalaenopsis lueddemanniana var. hieroglyphica | bis 12 1/2 Monate |
Stanhopea | 7 Monate |
Vanda | 20 Monate |
einheimische Orchideen | 2 Monate |
Listera ovata | 1 Monate |
Ophrys sphecodes | max. 2 Monate |
Cypripedium | 3 Monate |
Autor: Thomas Ederer